10 klassische Irrtümer beim Vererben und Vorsorgen
Zahlreiche Fehlvorstellungen rund um das Thema Vererben und Vorsorgen geistern durch die Köpfe. Anlass für uns, einmal unsere ganz persönliche Bestenliste der größten Irrtümer zusammenzutragen. Hätten Sie es gewusst?
1. Ich darf meinen Ehepartner vertreten, weil wir verheiratet sind.
Nein. Die Ehe selbst gibt Ihnen keinerlei Vertretungsrecht. In der Praxis wird zwar häufig eine mündliche Vollmacht des Ehepartners unterstellt. Wird es aber ernst oder formell, benötigt auch ein Ehepartner eine Vollmacht. Aus diesem Grund sollte jedes Ehepaar eine Vorsorgevollmacht haben.
2. Ein notarielles Testament ist teurer als ein handschriftliches.
Rein aus der heutigen Perspektive betrachtet, ist das richtig. Die Kosten für ein notarielles Testament entsprechen aber in etwa den Kosten eines späteren Erbscheins, vorausgesetzt die Vermögenswerte bleiben gleich. Ist Ihr späterer Nachlass werthaltiger als Ihr heutiges Vermögen, kann der Erbschein mitunter sogar deutlich teurer sein. Letztlich kommt es also darauf an, wer die Kosten tragen soll: Sie heute oder Ihre Erben später.
3. Eine unterschriebene Vorsorgevollmacht genügt, um ein Grundstück zu verkaufen.
Eine einfache Unterschrift genügt zwar für viele Angelegenheiten, nicht aber für den Verkauf einer Immobilie. Die Unterschrift muss mindestens öffentlich beglaubigt sein, um Grundstücksgeschäfte beim Grundbuchamt vollziehen zu können.
4. Wenn ich mein Kind enterbe, bekommt es nichts mehr.
Nein. Neben Ehegatten zählen auch leibliche Kinder zu den pflichtteilsberechtigten Personen. Wenn Sie Ihr Kind enterben, wird es zwar kein Erbe, es erhält aber einen Zahlungsanspruch gegen die Erben in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils (sog. Pflichtteilsanspruch). Nur, wenn das Kind einen beurkundungspflichtigen Pflichtteilsverzicht abgibt, kann es später tatsächlich nichts mehr beanspruchen.
5. Ich bin pflichtteilsberechtigt und habe deshalb Anspruch auf bestimmte Nachlassgegenstände.
Nein. Ein Pflichtteilsberechtigter hat keinen Anspruch auf Nachlassgegenstände, sondern nur einen Zahlungsanspruch gegen die Erben.
6. Nach dem Tod meines ersten Ehepartners kann ich das gemeinsame Testament ändern und meinen neuen Ehepartner als Erben einsetzen.
Es kommt darauf an. Das Gesetz sieht vor, dass ein Ehegattentestament nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr vom Überlebenden geändert werden kann. Ein solches Abänderungsrecht, das häufig sinnvoll ist, um auf geänderte Lebensumstände reagieren zu können, muss ausdrücklich im Testament vorbehalten werden.
7. Wir sind kinderlos. Deshalb erbt der überlebende Ehepartner alles.
Nein. Es sei denn, Ihre Eltern, Geschwister und Großeltern sind allesamt vorverstorben. Ansonsten erben neben dem Ehepartner Ihre Eltern, für jedes vorverstorbene Elternteil rücken Ihre Geschwister nach. Sind keine Geschwister vorhanden, erben anstelle dieser die Großeltern. Nur, wenn auch diese vorverstorben sind, erbt der Ehepartner alleine.
8. Wenn ich mein Haus jetzt schon unter Nießbrauchvorbehalt auf mein Kind übertrage, spart es später Erbschaftssteuer.
Kommt darauf, wie alt Sie sind und wie hoch Ihre Lebenserwartung noch ist. Denn der Wert des Nießbrauchs bemisst sich nach dem Wert des jährlichen Nutzungsrechts multipliziert mit Ihrer Lebenserwartung. Der Wert des Nießbrauchs fließt dem Kind nicht im Moment der Übergabe der Immobilie zu, sondern erst im Zeitpunkt des Versterbens, so dass ein vorbehaltener Nießbrauch bei einer hohen statistischen Lebenserwartung meist kein geeignetes Gestaltungsmittel zur Reduktion von Erbschaftssteuer darstellt.
9. Ich habe zu meinen Kindern aus erster Ehe keinen Kontakt mehr. Wenn ich meine Immobilie meinem Ehepartner schenke, reduziert sich der Pflichtteilanspruch meiner Kinder.
Nein. Gemäß § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB beginnt bei Schenkungen unter Ehegatten die 10-Jahresfrist, nach der Pflichtteilsansprüche vollständig abgeschmolzen sind, erst mit Auflösung der Ehe.
10. Wenn ich die Erbschaft meines verstorbenen Erzeugers ausschlage, gilt die Ausschlagung auch für meine Kinder.
Nein. Für minderjährige Kinder müssen beide Elternteile gemeinsam ausschlagen, volljährige Kinder müssen die Ausschlagung selbst erklären. Die Ausschlagung kann innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis von Todesfall und Erbenstellung bzw. Eröffnung des Testaments vor Nachlassgericht oder Notar erklärt werden (§§ 1944, 1945 BGB).