Problematische Pflegeverpflichtung
Wer sein Haus gegen Pflegeleistungen verschenkt, kann die Schenkung rückgängig machen, wenn das Verhältnis zum Beschenkten später zerrüttet wird. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Der Fall, über den der BGH zu entscheiden hatte, ist schnell erzählt. Vor rund acht Jahren hatte der alleinstehende Eigentümer sein Haus unter Wohnrechtsvorbehalt auf seine Schwester übertragen, die sich im Gegenzug verpflichtete, ihren Bruder lebenslang zu betreuen und zu pflegen. Schon nach einigen Monaten kam es zum Streit zwischen den Geschwistern, in dessen Folge der Bruder von dem Übergabevertrag zurücktrat und die Rückübertragung des Hauses verlangte.
Zu Recht, wie der BGH entschied. Im amtlichen Leitsatz hielten die Karsruher Richter fest: "Ist das Verhältnis zwischen dem Übertragenden und dem Übernehmenden heillos zerrüttet, führt dies - vorbehaltlich vertraglicher Vereinbarungen - zu dem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Übertragende kann die Rechte aus § 313 BGB geltend machen, es sei denn, die Zerrüttung ist eindeutig ihm allein anzulasten".
Die vom BGH zur Entscheidung herangezogene Vorschrift des § 313 BGB besagt, dass ein Vertrag bei wesentlichen Veränderungen der Vertragsgrundlagen anzupassen oder - wenn die Anpassung unzumutbar ist - rückabzuwickeln ist. Dies gilt auch für Übergabeverträge gegen Pflegeleistung. Entscheidend sind dabei drei Kriterien:
- Das Verhältnis zwischen Übergeber und Übernehmer muss so stark zerrüttet sein, dass die Geschäftsgrundlage des Vertrags entfallen ist.
- Unerheblich ist, welche Vertragspartei welchen Anteil an dem Zerwürfnis trägt, weil in der Regel beide Vertragsparteien ihren Anteil daran tragen.
- Eine Ausnahme, die der Übernehmer beweisen muss, liegt vor, wenn die Zerrüttung dem Übergeber allein anzulasten ist. Dann, und nur dann, ist es dem Übergeber zumutbar, trotz der Zerrüttung am Vertrag festzuhalten.
Ist das Verhältnis zwischen beiden Seiten zwar gestört, aber nicht so stark zerrüttet, dass dem Übergeber ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar wäre, ist der Vertrag anzupassen. Dies kann bei Übertragungsverträgen mit Pflegepflicht dadurch erfolgen, dass der Übernehmer Geld zahlt statt zu pflegen.
Im zitierten Leitsatz hat der BGH Lösungsmöglichkeiten für die Praxis aufgezeigt. Im Übergabevertrag kann und sollte es Regelungen für den Konfliktfall geben.
Sinnvoll sind beispielsweise die Festlegung bestimmter Rücktrittsgründe und Vereinbarungen für den Fall, dass eine Zerrüttung der Parteien eintritt, ohne dass dies eindeutig auf den Übergeber zurückzuführen ist.
Wer Vorsorge für derartige Streitfälle trifft, vermeidet die mit der gesetzlichen Regelung im vorliegenden Fall verbundene Unsicherheit. Immerhin musste der Übergeber seit seiner Rücktrittserklärung mehr als sieben Jahre warten bis der BGH sein Urteil gefällt hat.
Und damit ist der Fall noch nicht zu Ende. Die finale Entscheidung muss das Oberlandesgericht als Vorinstanz treffen, an die der BGH den Fall zurückverwiesen hat. Bei entsprechender Vertragsgestaltung wäre der Streit schon vor Jahren beigelegt worden.